MEIN TIERFREUND IST GESTORBEN – WIE GEHT ES WEITER?

 

Wenn einer der Liebsten gehen muss, verändert das für jene, die zurückbleiben einfach alles.
Was passiert mit eigentlich mit denen, die in ihrer Körperlichkeit zurückbleiben?
Zuerst ist da diese riegengroße Trauer, sie überschwemmt uns in großen, heftigen Wellen und irgendwann finden wir zurück ins Leben, finden eine Art Neubeginn. Unser Leben dreht sich einfach weiter und obwohl es schier unvorstellbar scheint, wie man ohne das geliebte Wesen sein Leben weiterführen soll. Den meisten von uns geht es, wenn ein geliebtes Wesen seine irdische Hülle verlässt.

Dies ist die Geschichte von Kater Leon, Katze Biene und Mensch Moni.
Moni und Leon mussten vor mehr als zwei Jahren Freundin Biene aus dem Körper gehen lassen. Es ist eine Geschichte, wie sie das Leben immer und immer wieder schreibt: einer muss seinen Körper verlassen – zwei oder mehr bleiben zurück, das Rad des Lebens dreht sich weiter – alles sortiert sich neu.

Katzenmädchen Biene hat bei beiden eine riesige Lücke im Herzen und auch im Leben hinterlassen. Wir alle sind nun mal sehr körperlich und wenn jemand, den wir lieben, seinen Körper verlässt, dann fühlt sich das für viele so an an, als wäre er nun für immer weg. Weil eben diese wichtige körperliche Ebene, diesen fühlen, tasten, Wärme spüren, anfassen, anschauen, miteinander körperlich SEIN – all das fällt einfach von einem Tag auf den anderen weg.

Damit muss man erstmal klarkommen und es dauert einfach, so lange es dauert.
Tage, Wochen, Monate, Jahre… jede Seele braucht unterschiedlich lange Zeit, um zu heilen.

Und wer von Euch mit Tieren lebt, die zur Familie gehören, weiß, dass es absolut keinen Unterschied macht, ob das Familienmitglied nun Beine, Pfoten, Flügel oder Flossen hatte. Der Schmerz ist derselbe. Einer geht aus dem Körper und wir fühlen uns verloren, verlassen, unendlich traurig.

IN EINER FAMILIE HAT JEDER SEINEN PLATZ, SEINE ART ZU SEIN.

Kater Leon war Zeit seines Lebens ein eher ruhiger Typ. Einer, der es gern gemütlich hatte, keinen Ärger suchte. Es brauchte nicht viel, um ihn glücklich zu machen. Einer, dem Essen unglaublich wichtig ist, für Erdung und Anbindung. Ein Kater der leisen Töne, eher bescheiden, wenig fordernd, manchmal unsichtbar.

Katzenfreundin Biene dagegen stand zu Lebzeiten durchaus im Mittelpunkt, sprühte vor Energie, und machte unmissverständlich klar, wer sie war und was sie sich wünschte. Dabei war sie äußerst mitteilsam und gesprächig und zeigte deutlich, was und wieviel sie brauchte. Sie war zu Lebzeiten diejenige, die in der ersten Reihe stand – Leon beanspruchte diesen Platz gar nicht für sich, und so war alles gut, wie es war.

WIE ES UNS VERÄNDERT, WENN WIR ZURÜCKBLEIBEN.

Dann starb Katze Biene. Leon und Moni blieben zurück. Beide unendlich traurig, nicht wissend, wie ein Leben ohne Biene aussehen sollten. Die Zeit verging und beide fanden sich neu, fanden auf eine Weise zueinander, die es zu Lebzeiten von Biene so gar nicht hätte geben können.

Mittlerweile sind über zwei Jahre vergangen. Leon, als gestandener, 16jähriger Kater ist weiterhin an Monis Seite. Moni nennt ihn inzwischen liebevoll Prinz Leon – und so wenig diese Bezeichnung zuvor auf diesen bescheidenen, recht stillen Typen passt, so passend ist sie nun: Kater Leon ist nun  ihr Einzelprinz und er liebt es mittlerweile, ihr Mittelpunkt zu sein.

Die Beziehung der beiden hat sich verändert, es ist eine tiefere Verbindung entstanden als zuvor. Beide haben in ihrer Trauer um die gemeinsame Freundin Biene intensiver zueinander gefunden.

Für mich ist es jedes Mal eine große Freude, Leon und Moni an der Strippe zu haben.
Prinz Leon hat sich mit Moni Hilfe und Unterstützung zu einem Geschöpf entwickelt, das er zu Lebzeiten von Biene nie hätte sein können. Dieser stille, bescheidene und etwas lethargische Typ von damals hat sich ent-wickelt, hat an sich neue Seiten entdeckt. Un das beste daran: Kater Leon gefällt sich in seinem neuen Sein, in seiner Entwicklung.

EINER GEHT, ALLE ANDEREN RÜCKEN ZUSAMMEN.

So traurig es auch ist, so weh es auch tut: Wenn einer geht, rücken die anderen neu zusammen. Und auch die Rollen werden häufig neu verteilt. Das bietet Chancen, die vorher einfach nicht da waren. Die es so  nie gegeben hätte. Der bescheidene Leon hat diese Chance genutzt, mit Hilfe von Moni. Denn sie hat ihm die Tür geöffnet, hat ihn nicht in ihrer Trauer um das geliebte Bienemädchen abgewiesen, sondern hat ihn auf andere Weise als zuvor in ihr Herz gelassen. Und Leon, dieser wundervoll, unprätenziöse Kater wurde nun sogar von ihr in den Adelsstand gehoben … als als PRINZ Leon … und er LIEBT es!

Kater Leon liebt Moni und sein neues Sein, sein neues Ich. Er führt ein Leben, das er sich vorher so nicht einmal hätte vorstellen können. Er genießt es. Und das beide einander genießen, heißt nicht, dass sie Freundin Biene nicht weiterhin furchtbar vermissen würden – sie fehlt an allen Ecken und Enden. Doch sie haben neu zueinander gefunden und stützen sich gegenseitig.
Das lässt beiden viel Raum für Entwicklung.

DIE CHANCE DER VERÄNDERUNG

Vielleicht ist euch schon mit eurer eigenen Tierfamilie passiert, was ich in so vielen Tiergesprächen immer wieder erlebe:  derjenige, der zurückbleibt, verhält sich nach dem Tod des Gefährten plötzlich anders , manchmal sogar Verhaltensweisen von demjenigen übernimmt, der seinen Körper verlassen hat, Lieblingsplätze kapert oder völlig andere, ganz neue Eigenheiten zeigt.

Das ist die Chance, die wir haben, wenn sich Konstellation verändert. Das ist wie damals auf dem Schulhof, wo man die Köpfe zusammensteckte und im Kreis zusammenstand. Verließ einer seinen Platz im Kreis, so rückten automatisch alle anderen auf, so dass der Kreis wieder Kreis war und keine Lücke aufwies.

Nichts anderes passiert häufig, wenn einer unserer Liebsten das Leben verlässt. Alle rücken auf, finden neu zueinander. Es ist ganz natürlich, dass die Lücke in unserem Kreis so gut wie möglich von von denen geschlossen wird, die weiterhin im Körper stecken. Denn wir bleiben weiterhin auf dieser Ebene, sind weiter körperlich und müssen irgendwie mit dem Verlust zurecht kommen. So schwer es auch fällt, so weh es auch tut – es geht weiter.

Bei unseren Tierfreunden habe ich in vielen Tiergesprächen schon oft erlebt, dass es der Fortgang eines tierischen Familienmitglieds auch eine Chance für jene war, die zuvor eher in der zweiten Reihe standen. Und auch, wenn es zu Lebzeiten darüber keine Beschwerden gab, so ist es doch für die Zweitplatzierten eine außerordentliche, oft wunderschöne Erfahrung, einmal die Hauptrolle auf der Bühne des Lebens zu bekommen. In Leons Fall: Prinz zu sein 😉

Natürlich ist das nicht immer so – doch es liegt einfach im Rahmen des Möglichen. Und das verändert dann alles.

GEMEINSAM ERINNERUNGEN SCHAFFEN.

Heute im Gespräch hat Leon auf eine von Monis Fragen etwas wunderbares geschickt, dass darf ich an dieser Stelle mit Euch teilen, Moni hat es freigegeben.

Lieber Leon, warum miaust Du immer so lautstark am Fenster und hörst erst dann damit auf, wenn Moni zu Dir kommt?

„Ich rufe sie zu mir. Wenn sie dann zu mir kommt und mich berührt und mit mir zusammen hinaus schaust, dann schaffen wir zusammen Erinnerungen. Etwas, an das wir uns beide erinnern werden, auch wenn ich nicht mehr in diesem Körper stecke. Es ist so wichtig, diese Erinnerungen an die gemeinsame Körperlichkeit jetzt zu schaffen. Ich weiß, das es wichtig ist.“

Leon ist sich bewusst, dass die Zeit in seinem Körper einem natürlichen Ende entgegen geht. Er ist nicht lebensmüde, er weiß einfach darum, dass die Zeit, die beide körperlich miteinander haben, endlich ist.

Leon schickt weiter
„Wir schaffen gemeinsam diese Erinnerungen und diese vergehen nie. Du kannst immer wieder in sie hineingehen, wenn Du sie brauchst. Je tiefer die Erinnerung, desto leichter fällt es Dir, in sie einzutauchen. Schnurrt zufrieden. Deshalb mache ich das.
Seufzt. Wir schaffen Erinnerungen.“

Und mit diesem wundervollen Bild ende ich hier, denn damit ist für heute alles gesagt.
Lasst uns alle Chancen nutzen, die wir hier im Irdischen miteinander haben. Wenn unsere Zeit hier im Körper zu Ende ist, werden wir uns wieder begegnen. Jedoch in anderer Form, auf einer anderen Ebene. Unsere Seelen gehen über in eine Dimension, die wir uns, solange wir noch im Körper stecken, kaum vorstellen können.

Doch diese Ebene existiert, sie ist da, direkt neben uns  – ich weiß es und Du weißt es auch.
Du fühlst es in Deinem Herzen. Wir alle sind so viel mehr als der Körper, in dem wir stecken.

Und nun lasst uns die gemeinsame Zeit nutzen. Lass uns ganz viele Erinnerungen schaffen.
Lasst uns ordentlich Zeit mit jenen verbringen, die wir von Herzen lieben.

Danke lieber Leon und liebe Moni!